Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Bayerischen Bioökonomie

Mit den 50 Maßnahmen zur Unterstützung einer nachhaltigen und zukunftsweisenden Transformation des Wirtschaftssystems hin zu einer Bioökonomie, schaffte die Bayerische Staatsregierung 2020 als eines der ersten Bundesländer Deutschlands einen umfangreichen Aktionsplan zum ganzheitlichen Ausbau biobasierten Wirtschaftens. Im Sinne der akteurs- und fachübergreifenden Definition der Bioökonomie, möglichst viele Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Ansätze, Prozesse und Rahmenbedingungen zu begleiten, umfassen die Strategiemaßnahmen Veränderungs- und Entwicklungspotenziale entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Mit den nachfolgenden Handlungsempfehlungen möchte der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern besonders die Bereiche beleuchten, die in der bisherigen Förderung und Umsetzung der Bioökonomie in Bayern noch zu wenig Berücksichtigung erfahren haben. Auch Themen, in denen die Mitglieder des SVB zukünftig starke Potenziale sehen, sollen hier behandelt werden.
Bei der Bewertung der einzelnen Maßnahmen im ersten Teil des Fortschrittsberichts wurde deutlich, dass die Erfüllung der Maßnahmen nicht automatisch mit einer Zielerreichung im betreffenden Handlungsfeld gleichzusetzen ist. Demnach greifen die Handlungsempfehlungen die identifizierten Handlungsbedarfe zur Weiterentwicklung der Bioökonomie in Bayern und darüber hinaus auf, mit dem Ziel, die Entwicklungen der letzten drei Jahre und den bisher gesammelten Erfahrungsschatz aus der Umsetzung der Bayerischen Bioökonomiestrategie weiter auszubauen.

Systematik zu Messung und der Bewertung der Umsetzung der Strategie

Für die Weiterentwicklung der Bayerischen Bioökonomiestrategie sieht der SVB grundlegenden Handlungsbedarf hinsichtlich des Monitorings der Bioökonomie in Bayern.
Der SVB empfiehlt die Erarbeitung von Indikatoren und die Erfassung spezifischer Kennzahlen, die bioökonomische Entwicklungen quantitativ aufzeigen. Ohne dabei den bürokratischen Aufwand signifikant zu erhöhen, sollte ein Leitfaden zum Monitoring und zur Datenerhebung erarbeitet werden. Darin sollten Indikatoren definiert werden, die Aussagen zur Zielerreichung der Strategie treffen können. Ebenso sieht der SVB die Zuordnung bestehender Kennzahlen zur Bioökonomie, z.B. durch entsprechende Verlinkungen in der Förderlandschaft, bei Studiengängen oder in der öffentlichen Beschaffung, als gut umsetzbares Instrument, um einen Bezug zur Bioökonomie zu erfassen und den Fortschritt der Bioökonomie greifbar zu belegen.

Aufklärung und Partizipation

Transparente Information

Um die Stakeholder der Bioökonomie – von Forschung, Unternehmen, Politik und Verbänden bis hin zu Bürgerinnen und Bürgern – bei der Gestaltung der Wirtschaft der Zukunft mitzunehmen, sind weitere Maßnahmen zur Stakeholder-Beteiligung und -Aufklärung notwendig.
Partizipative Prozesse helfen dabei, mehr Akzeptanz und Legitimation für die Bioökonomie zu schaffen.
Die Bioökonomie ist ein agiles Feld, auf das diverse Einflussfaktoren wirken. Es ist deshalb ratsam, Partizipationsformate individuell zu gestalten und an aktuelle, situative Gegebenheiten anzupassen. Die Frage, wie bisher nicht erreichte relevante Bevölkerungsgruppen in Beteiligungsprozesse eingebunden werden können, sollte zukünftig stärker berücksichtigt werden.
Der SVB empfiehlt der Bayerischen Staatsregierung außerdem, ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen, um Formate zur Beteiligung der Stakeholder zu ermöglichen.

Beteiligungsnetzwerke schaffen

Besonders im Kontext der Anpassung rechtlicher bzw. politischer Rahmenbedingungen ist erkennbar, dass ein transparenteres Vorgehen und eine realitätsnahe Prüfung der Umsetzbarkeit notwendig sind, um einen praxistauglichen Rahmen für ein nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen. Dadurch wird ein tatsächlich innovationsfreundliches und Nachhaltigkeit förderndes Umfeld geschaffen. Beteiligungsnetzwerke können bereits bei der Ausarbeitung neuer Gesetzesentwürfe dazu beitragen, mögliche Hemmnisse in der tatsächlichen Umsetzung sowie bürokratische Hürden zu identifizieren und zu vermeiden. Damit werden echte Wirksamkeit und die Berücksichtigung komplexer, nicht offensichtlicher Zusammenhänge bei der Umsetzung wahrscheinlicher.
Als unabhängiges Beratungsgremium ist es auch eine der zentralen Aufgaben des SVB, die unterschiedlichen Expertisen und Erfahrungen in Belangen der Bioökonomie einzubringen und bei der Novellierung von Gesetzen und Verordnungen zu unterstützen. Dieses Angebot sollte von der gesamten Staatsregierung stärker genutzt werden.

Zielgruppengerichtete Aufklärungsangebote

Um das Bewusstsein der Bevölkerung und der Industrie für die Umweltvorteile von biobasierten Produkten zu steigern, muss die zielgruppenspezifische Kommunikation zu den Chancen der Bioökonomie und deren Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Kreislaufwirtschaft verstärkt werden. Das hat einen positiven Einfluss auf das Einkaufsverhalten und die Wahrnehmung zugunsten biobasierter, nachhaltiger Produkte.
Auch kritische Stimmen müssen unbedingt in den Diskurs einbezogen und die Bekanntheit des interpretationsbedürftigen Begriffs „Bioökonomie“ ausgebaut werden. Die kontroverse Debatte zu Potenzialen als auch Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit und den Auswirkungen einzelner bioökonomischer Technologien müssen Gehör finden und in die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen einbezogen werden.
Die Öffentlichkeit, besonders aber Schüler*innen und Studierende, sollte auch zu einer kritischen Betrachtung bestimmter Produkte und Verhaltensweisen angeregt werden.
Zudem sollten Verbraucher*innen dafür sensibilisiert werden, dass sie sowohl als Konsument*innen, Investor*innen oder als Abfallerzeuger*innen wichtige Stakeholder in der Bioökonomie sind.
Der Sachverständigenrat unterstützt ausdrücklich die Aktivitäten der Bayerischen Staatsregierung hinsichtlich der Informations-Kampagne zur Bioökonomie. Damit kann dem momentan weitestgehend fehlenden Verständnis des „Bioökonomie“-Begriffs zielgruppenspezifisch entgegengewirkt werden.

Nachhaltige Ressourcen-Nutzung und landwirtschaftliche Innovation

Verfügbarkeit nachhaltiger regionaler Biomasse sichern

Die Ausarbeitung der geplanten Bayerischen Biomassestrategie ist von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Bioökonomie. Bei der Gestaltung der Strategie müssen die Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen weiterer Strategien, wie der Nationalen Biomassestrategie und die Erkenntnisse bisheriger Forschung sowie Biomassestrategien benachbarter Regionen berücksichtigt werden. Bei der Ausgestaltung der Biomasseversorgung für die Bioökonomie auf nationaler und internationaler Ebene zusammenzuarbeiten, spart Doppelarbeiten und hilft, die verfügbare Biomasse optimal zu verteilen, Kreisläufe zu schließen und kaskadisch zu nutzen.

Wahrnehmung der Land- und Forstwirtschaft

Eine verantwortungsvolle Land- und Forstwirtschaftspolitik stellt durch nachhaltige Bewirtschaftungs- und Flächennutzungskonzepte sicher, dass der überwiegende Teil der benötigten Biomassen aus dem regionalen Anbau und Anfall bezogen werden kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Umstellung zu nachhaltigeren Bewirtschaftungsformen ein schrittweiser Prozess ist, der der aktiven Unterstützung durch die Politik bedarf. Ein vielseits diskutierter Kritikpunkt an der Bioökonomie ist die Gefahr von Nutzungskonkurrenzen und mangelnder Verfügbarkeit von Biomasse. Insbesondere das Potenzial von Grenzstandorten und degradierten Agrarflächen sollte stärker zur Erzeugung von Biomasse für die stoffliche Nutzung verwendet werden. So kann zum einen die Biodiversität an diesen Standorten gefördert und zum andern eine zusätzliche Einkommensquelle für Landwirte geschaffen werden.
Durch die aktive Einbindung von Land- und Forstwirt*innen in die Weiterentwicklung der Bioökonomie, werden diese für die Bedeutung der nachhaltigen Biomasseerzeugung sensibilisiert und ihnen alternative Nutzungsmöglichkeiten, Absatz- und Betriebsmodelle für ihre Betriebe aufgezeigt. Der SVB regt an, mit Beteiligungsformaten, wie Runden Tischen und parlamentarischen Diskussionen, mehr Fokus auf die Empfehlungen und Fragestellungen der Land- und Forstwirtschaft zu legen und den Akteuren in der Rohstoffproduktion damit mehr Wertschätzung entgegenzubringen.

Chancen der Landwirtschaft mit Genome Editing

Das Konzept der Bioökonomie steht für die technisch-innovative und wissensbasierte Seite der Nachhaltigkeit und eröffnet neue Handlungsräume. Daraus folgt eine Kontroverse über die Eignung der verschiedenen Techniken für unterschiedliche Ziele. Einer solchen strukturierten Auseinandersetzung bedarf es auch beim Genome Editing. Die Diskussion zur klassischen Grünen Gentechnik ist seit Jahrzehnten verhärtet und oft ideologisch geführt - Die Entwicklungen in diesem Bereich sind in den letzten Jahren jedoch rasant. Eine Technik des Genome Editing ist CRISPR/Cas, deren Entwicklerinnen 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden. Damit lassen sich beispielsweise kostengünstig und gezielt resistentere Pflanzen züchten und die kritischen Punkte der bisherigen Züchtungen mit klassischer Gentechnik vermeiden. Diese Entwicklungen sieht der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern als Anlass und Notwendigkeit eine neuerliche Bewertung und strukturierte Diskussion über die Anwendung des Genome Editing anzustoßen, um zu vermeiden, dass aus Unkenntnis oder Ängsten die Chancen, die sich aus dem veränderten rechtlichen Rahmen ergeben, nicht genutzt werden können.
Die Technologie hinter CRISPR/Cas bietet ein wirksames und sicheres Tool, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Der SVB begrüßt den Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung von Genome Editing und spricht sich für eine sachliche und transparente Aufklärung aus, um der Besorgnis in der Bevölkerung gegenüber Innovationen und neuen Technologien entgegenzuwirken.

Aus Vernetzung wird Zusammenarbeit

Überregionalen Erfahrungsaustausch und gemeinsames Lernen fördern

Für eine kohärente Weiterentwicklung der Bioökonomie müssen relevante bayerische und überregionale Initiativen stärker zusammenarbeiten. Bei der Umsetzung von Transformationsprozessen und der Implementierung/Adaption neuer Herangehensweisen stehen die verschiedenen Regionen häufig vor ähnlichen Fragestellungen und Herausforderungen. Die Intensivierung der Zusammenarbeit und der Austausch von Wissen und Erfahrungen ermöglicht eine zügigere Lösung von Problemen, hilft, Synergien zu identifizieren und schafft ein gemeinsames Verständnis der notwendigen Entwicklungen und Rahmenbedingungen.

Kohärente Weiterentwicklung der Bioökonomie

Der interdisziplinäre Charakter der Bioökonomie erfordert eine viel stärkere Zusammenarbeit zwischen einzelnen Ministerien der Bayerischen Staatsregierung. Ein gemeinsames Verständnis der Ressorts sowie die Weiterbildung zu den Potenzialen der Bioökonomie sind erforderlich, um die Umgestaltung der Wirtschaft in Bayern voranzubringen. Dabei gilt es insbesondere, Konflikte und Kontroversen herauszuarbeiten und diese Hürden gemeinsam zu bewältigen.
Auch auf Bund-Länder-Ebene muss die gemeinsame Bioökonomie-Politik ausgebaut werden, um widersprüchliche Entwicklungen und Doppelarbeiten zu vermeiden.
Als Beispiel sei der Bereich Abfallwirtschaft v.a. im Kontext biogener Reststoffe genannt, der nach wie vor sehr dezentral und dadurch inkonsistent geregelt ist. Auch die Altholzverordnung steht einer hochwertigen stofflichen Nutzung momentan im Weg. Dadurch bleiben enorme Rohstoffpotenziale für die zirkuläre Bioökonomie ungenutzt.

Innovation braucht Investition

Stabile Rahmenbedingungen für Investitionen

Viele Bereiche der Industrie haben die Potenziale der Bioökonomie erkannt und sind willens, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Innovation zu nutzen. Industriefelder, die hingegen vor starken Herausforderungen im Kontext globaler Entwicklungen und Einflüssen wie der Klimakrise stehen, brauchen klare regulative Vorgaben, um diesen begegnen zu können und ihre Geschäftsmodelle zu transformieren. Unternehmen brauchen für ihre Investitionen ein planbares und zuverlässiges Umfeld.
Die Schaffung wirkungsvoller Instrumente und Programme zur Innovationsförderung ist daher von grundlegender Bedeutung, um auf regionaler und internationaler Ebene die Weichen für die Defossilierung der einzelnen Industriezweige zu stellen sowie Bayerns Position als starken Innovationsstandort langfristig zu sichern.
Der SVB empfiehlt der Bayerischen Staatsregierung die Ausweitung der bereitgestellten Mittel für entsprechende Förderrichtlinien. Die seitens der Europäischen Union vorgegebenen Rahmenbedingungen (KUEBLL, AGVO) müssen weiterhin in eine innovationsfreundliche Richtung ausgebaut werden. Auch Bayern muss diese Entwicklungen aktiver vorantreiben.

Technologietransfer und Prozessskalierung

Damit die Bioökonomie aus ihrer Nische gebracht werden kann, braucht es starke Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und der Industrie, um den Technologietransfer zu beschleunigen. Die Unterstützung einer engen Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie insbesondere durch Transfer- und Pilotierungsprojekte sieht der SVB als elementar zur Generierung von Praxiserfahrungen und im weiteren Voranschreiten des Hochskalierung neuer Technologien und Prozesse.
Ein großer Konfliktherd besteht zudem bei der Verfügbarkeit von Standorten zur Skalierung von innovativen Prozessen und Realisierung neuer Produktionsstandorte.

Bioökonomie und Wirtschaftlichkeit

Der Erfolg der Bioökonomie hängt sowohl von den Rahmenbedingungen als auch vom wirtschaftlichen Erfolg der ihr zugrundliegenden Aktivitäten ab. Können gleichwertige Produkte aus verschiedenen Rohstoffen hergestellt werden, so wird der Hersteller dem günstigeren den Vorzug geben. Ein Produzent wird nur dann nachwachsende Rohstoffe erzeugen, wenn es einen wirtschaftlichen Vorteil bietet. Ebenso wird ein Unternehmen handeln, das daraus Produkte herstellen will, oder der Handel, der diese Produkte auf dem Markt anbieten will. Im Wettbewerb mit Produkten aus fossilen Rohstoffen haben solche aus nachwachsenden Rohstoffen oft das Nachsehen, weil erstere deutlich kostengünstiger erzeugt werden können. Daher sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es für alle potenziellen Rohstoffhersteller, Produzenten und Händler bioökonomischer Produkte wirtschaftlich attraktiver machen, sie bereitzustellen bzw. sie einzusetzen und auf dem Markt anzubieten.

Neue Technologien - Neue Wege in die Zukunft

Technologischer und struktureller Ausbau der Wasserstoffherstellung als Enabler für Carbon Capture and Utilization (CCU) und flächendeckender Ausbau der erneuerbaren Energien

Für die Zukunft des Energie- sowie des Materialsektors, werden Wasserstoffproduktion und die Nutzbarmachung von CO2 einen entscheidenden Beitrag leisten. Auch weiterhin wird Kohlenstoff zentraler Baustein der Wirtschaft in Bayern, Deutschland und der Welt sein. Eine Dekarbonisierung ist im Vergleich zu einer Defossilisierung in vielen Bereichen de facto nicht umsetzbar. Die vielgeführte Debatte um eine Dekarbonisierung basiert auf einem falschen Grundverständnis von Kohlenstoff als Ausgangsstoff der Land- und Forstwirtschaft, in der Lebensmittelwirtschaft oder dessen elementarer Rolle bei der Zusammensetzung von Produkten und Materialien. Um der Verantwortung der Industrie und Politik gegenüber der Umwelt und Gesellschaft gerecht zu werden, müssen die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Bereitstellung dieses Kohlenstoffs gewährleistet werden: Aus Recycling, aus Biomasse und aus CO2.
Die Notwendigkeit von Wasserstoff als Voraussetzung für die Nutzung von CO2 sollte bereits bei der weiteren Entwicklung der jeweiligen Verfahren und Infrastrukturen bedacht werden.
Die Bereitstellung und Nutzung von grünem Wasserstoff sind Schlüsselfaktoren für die Bioökonomie. Dieser muss physisch bereitstehen und kostentechnisch mit anderen Energieträgern vergleichbar sein. Ohne eine politische Regelung und Initiierung ist das allerdings kaum erreichbar. Grundvoraussetzung für die Bereitstellung von nachhaltigem, grünem Wasserstoff ist der flächendeckende Ausbau der erneuerbaren Energien.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind CCU-Verfahren meist nicht wirtschaftlich umsetzbar. Dies unterstreicht die Bedeutung von Steuerungsinstrumenten wie der CO2-Bepreisung und einer Anpassung des Industriestrompreises, die schrittweise zu einer Veränderung der Wettbewerbssituation führen und letztendlich nachhaltige Chemikalien und Folgeprodukte, die mittels CCU-Verfahren hergestellt werden, gegenüber Produkten aus fossilen Rohstoffen konkurrenzfähig machen können.

Unterstützung der Ernährungswende

Die Ernährung der Zukunft wird sich vor allem im Bereich der Alternativen Proteinquellen (Pflanzenproteine, Insekten, etc.) und weiteren pflanzlichen Nährstoffen (z.B. aus Algen) stark weiterentwickeln. Das Umdenken und der Wandel im Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher machen dies bereits in den letzten Jahren deutlich.
Die Zulassung von sogenannten „Novel Foods“ wird derzeit auf EU-Ebene geregelt und erschwert alternativen Proteinquellen den Markteintritt enorm. Der SVB fordert die Staatsregierung auf, sich aktiv in die Ausgestaltung der Regulierung neuer Lebensmittel einzubringen.
Der SVB empfiehlt, die Synergien zwischen Nahrungsmittelerzeugung und stofflicher Nutzung zu identifizieren und ungenutzte Potenziale in Verwendung zu bringen. Dabei muss auch die Teller-Tank Diskussion ernst genommen werden. In der Bioökonomie hat seit jeher und auch weiterhin, die Sicherung der Ernährung Vorrang. Um dies für die Gesellschaft transparent zu machen, braucht es niederschwellige Informationen im Kontext des ganzheitlich-systemischen Ansatzes der Bioökonomie und aktive Aufklärung, um falsche Informationen faktenbasiert richtigzustellen.
Der Bereich Ernährung fordert eine intensive Zusammenarbeit auf politischer Ebene. Der SVB appelliert an das Bayerische Landwirtschafts-, das Wirtschafts-, und das Umweltministerium, gemeinsam zu handeln und durch kohärente Strategien die Weiterentwicklung im Lebensmittelsektor zu unterstützen.

Neuausrichtung der Abfall-/ Kreislaufwirtschaft

Der ganzheitlich-systemische Ansatz der zirkulären Bioökonomie setzt insbesondere auf den Einsatz von Sekundärrohstoffen sowie der mehrfach sequenziellen Nutzung biogener und fossiler Rohstoffe.
Die Nutzung und hochwertige Kreislaufführung wird enorm durch die momentanen Regulationen im Abfallrecht, die willkürliche Beschränkung des Recyclingbegriffes und der Konzeption der kommunalen Abfallwirtschaft gehemmt. Es ist jedoch zwingend notwendig, die bestehenden Rohstoffpotenziale in eine sinnhafte und nachhaltige, hochwertige Verwendung zu bringen.
Die Neudefinierung des Abfallbegriffs zugunsten der Circular Economy und der Verzicht auf eine einseitige Festlegung auf das werkstoffliche Recycling sind die ersten wesentlichen Schritte für eine tatsächliche Kreislaufwirtschaft. Diese Schritte können insbesondere zum Abbau logistischer Hürden beim Aufbau neuer Wertschöpfungskreisläufe beitragen. Der SVB appelliert an die Bayerische Staatsregierung, sich aktiv auf europäischer und auf Bundesebene für eine Neuregulierung zum Umgang mit (vermeintlichen) Abfallstoffen einzusetzen.
Durch die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums Abfall(W)ende“ können bürokratische Hürden gezielt abgebaut werden und es würde eine Anlaufstelle geschaffen, die in Funktion einer Rohstoffbörse/Datenbank/Beratungsstelle anfallende Reststoffe registriert und potenziellen Abnehmenden den Bezug der Materialien ermöglicht. Fehlendes Wissen über Eigenschaften und Absatzmöglichkeiten kann ausgeglichen werden, indem Erzeuger von Reststoffen Informationen zu Nutzungsoptionen und Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Wertschöpfungskreisläufen aufgezeigt und diese mit interessierten Abnehmenden zusammengebracht werden. Durch Schließen von Informationslücken und Vernetzung von Stoffströmen werden hochwertige, alternative Absatzwege gefördert und die Bedarfe an Sekundärrohstoffen gedeckt, um Wertschöpfungskreisläufe zu schließen. Mit dem Value Chain Generator (VCG) existiert bereits ein Tool zur Erfassung der Stoffströme und digitalen Vernetzung der Akteure, das ausgebaut werden kann.
Gerade in der Sammlung von Bioabfällen aus Haushalten sieht der SVB große Optimierungspotenziale. Die getrennte Sammlung biologischer Abfälle muss weiter vorangetrieben werden. Momentan gehen signifikante Reststoffpotenziale durch die Entsorgung im Restmüll verloren, die als Rohstoffe stofflich in der Bioökonomie genutzt werden könnten. Ein Überdenken der bestehenden Entsorgungssysteme ist unabdingbar, um Biomasseverluste durch Abfallströme zu vermeiden.

Digitalisierung und KI in der Bioökonomie

In der Land- und Forstwirtschaft sind die Arbeitsbedingungen nach wie vor zumeist nicht vergleichbar mit den meisten Produktions-, Dienstleistungs- oder Bürotätigkeiten. Damit die Land- und Forstwirtschaft auch unter sozialen Gesichtspunkten als Berufsfeld an Attraktivität gewinnt, müssen einerseits die bestehenden Prozesse und Arbeitsweisen optimiert und erleichtert werden, andererseits muss sich das Maß an Wertschätzung der Gesellschaft gegenüber Land- und Forstwirt*innen grundlegend ändern. Auch die Effizienz in der Land- und Forstwirtschaft muss zur zukünftigen Deckung des Biomassebedarfs ausgebaut werden. Die Entwicklungen zur Prozessoptimierung in der Land- und Forstwirtschaft werden maßgeblich vom verstärkten Ausbau der Automatisierungstechnik und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz getrieben. Precision Farming, intelligente Tierhaltung (z.B. durch Halsband-Sensoren, die Auskunft über den Zustand der Tiere geben), die detaillierte Datenerfassung auf landwirtschaftlichen Betrieben über Sensoren, Kameras oder akustische Signale oder auch AgriGPT als „Virtueller Assistent für die Landwirtschaft“ bieten mehr Komfort in der und für die Landwirtschaft und enormes Potenzial zur Weiterentwicklung der Betriebe und Prozesse. Durch die durchgehende Erfassung und Bereitstellung von Informationen zum Baum, dessen Standort, Wuchsbedingungen in Verbindung mit einer lückenlosen Nachverfolgbarkeit der Herkunft jedes Holzproduktes werden Verbraucher*innen befähigt, informierte Kaufentscheidungen zu treffen. Das zugleich stattfindende digitale Monitoring von Produktionsprozessen der Holzverarbeitung ermöglicht die Bereitstellung von wirtschaftlichen, technischen als auch ökologischen und sozialen Kenngrößen. Dies ermöglicht neue Optimierungsmöglichkeiten.
Der Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern sieht das Forschungsfeld „KI in der Bioökonomie“ als wichtiges Zukunftsfeld an und spricht sich für die gezielte Förderung von Forschungsvorhaben in diesem Bereich aus.

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